Jimmy Lewis Test
Das Wetter war alles andere als einladend. Morgens Gewitter mit heftigem Regen und auch der Wind frischte immer mehr auf. Ab 11 Uhr waren Windstärken von 4-6 Bft auflandig in Hvide Sande, dem kleinen Fischerörtchen und Surfrevier in Dänemark, angekündigt. Eigentlich nicht die Bedingungen, die einen unbedingt auf’s Wasser treiben.
„Bleibt zuhause und kommt am Mittwoch“ riet uns Mirko, ein Freund, der gerade in Hvide Sande Urlaub machte. Aber es gab nur heute die Gelegenheit, ein paar Jimmy Lewis SUPs in den Wellen zu testen. Also wurde Mirkos Rat ignoriert, Neo, Paddel und Leash in Julias Transporter geworfen und ab ging es nach Hvide Sande.
Nach wenigen Minuten durchfuhren wir die erste Gewitterzelle. Blitze zuckten und der Starkregen setzte die Autobahn kurzzeitig unter Wasser. Zweifel machten sich breit, ob der Surftrip wirklich eine gute Idee war. Doch während der Fahrt wurde das Wetter langsam besser und irgendwann brach hier und dort sogar die Sonne durch. Lediglich der Wind blieb konstant.
In Hvide Sande angekommen warfen wir erst einmal einen Blick hinter die Dünen auf’s Wasser. Trotz des kräftigen Windes waren noch keine surfbaren Wellen auszumachen. Aber erfahrungsgemäß brauchen Wellen Zeit. Also hieß es warten.
In der Zwischenzeit traf auch Mirko ein, eine Stunde später kam Jan von Haiku Sports mit seinem Jimmy Lewis Transporter und den sehnlichst erwarteten Boards. Jan ist General Importeur für Jimmy Lewis für ganz Europa und wir trafen ihn bereits im Januar auf der Boot und konnten dort sein Material bestaunen. Neben Jimmy Lewis hat er noch ein paar weitere Marken in petto, aber heute interessierten uns in erster Linie die Boards aus Hawaii. Aus der großen Auswahl, die Jan uns offerierte, entschieden wir uns für das „World Wide“ in 8’9“ x 31 mit 140 Litern und ein „Striker“ in 9’5“ x 31 mit 147 Litern. Beides komplett unterschiedliche Boardkonzepte.
Die getesteten Jimmy Lewis-Boards
Das Jimmy Lewis Striker ist eher ein Wave-orientiertes Allroundboard mit Longboardshape und relativ flacher Outline. Aber auch im Flachwasser macht das Board eine gute Figur. Man merkt ihm das geringe Volumen überhaupt nicht an.
Wohingegen das World Wide eher ein Performance-orientiertes Waveboard ist. Extreme Rockerlinie, stark angepinte Nose und ein Swallowtail, das deutlich Volumen aus dem Heck nimmt. Das alles macht das Board extrem sensibel und besser geeignet für größere Wellen. Beide Boards verfügten über ein Thruster-Finnen-Setup und ein Deckpad, das von Nose zu Tail über das komplette Deck geht. Das World Wide verfügt über ein Fünf-Finnen-Setup.
Die Konstruktion
Da die Bedingungen immer heftiger wurden und die Wellen mittlerweile eine stattliche, surfbare Größe erreicht hatten, wollten wir uns nicht lange mit Theorie aufhalten. Ich entschied mich zuerst für das Jimmy Lewis Striker, von dem ich schon viel Gutes gehört hatte.
Beim Tragen über die Düne fiel sofort das angenehm geringe Gewicht auf. Das ist auf die original Sandwich-Bauweise zurückzuführen. Jimmy Lewis nutzt bei der Produktion der Boards eine Konstruktion aus Glasfasermatte, PVC-Schaum und wieder Glasfasermatte. Diese Kombination ist unglaublich schlagresistent und stabil, wodurch ein viel leichterer EPS-Schaumkern Verwendung findet. Als jemand, der selbst schon Sandwich-Boards konstruiert hat, weiß ich, dass die PVC-Schicht den Unterschied macht. Meine Boards hatten Bambus-Platten statt PVC, die nicht annähernd so stabil waren. Noch leichter war übrigens das Jimmy Lewis World Wide, das in der Carbon-Variante wirklich einem Hauch von nichts gleich kam.
Endlich am Wasser angekommen, schäumte die Nordsee schon vor Wut. Die Wellen hatten mittlerweile einen guten Meter Höhe erreicht, was grundsätzlich erfreulich wäre. Wäre da nicht der Wind, der die Nordsee immer weiter aufpeitschte. Es war absehbar, dass binnen 1,5 - 2 Stunden die Bedingungen unsurfbar werden würden. Also nicht lange zögern und rauf auf‘s Wasser.
Der Wellenstürmer
Das Weißwasser und der Gegenwind machten Rauspaddeln im Stehen nahezu unmöglich. Daher mussten wir die ersten Meter kniend bewältigen, bis wir durch das Weißwasser hindurch waren. Erst ab dem Punkt, an dem die Wellen sich noch nicht brachen, war stehend über die Wellen paddeln möglich. Und genau hier überraschte mich der Striker, was übersetzt passend zum Wetter Stürmer bedeutet, zum ersten Mal. Trotz des relativ geringen Volumens lag das Board in den wabbeligen Bedingungen angenehm stabil auf dem Wasser. Man fühlte sich sofort wohl und musste nicht lange ausprobieren, wo man sich auf dem Brett positioniert. Auch quer zur Welle stand es sich deutlich stabiler als angenommen und der Striker wirkte sofort vertraut. Während ich die ersten charakterlosen Schwabbelwellen unter dem Board durchziehen ließ, hielt ich Ausschau, nach der ersten schönen Welle des Tages. Dabei fragte ich mich, ob ich mit der flachen Rockerlinie bei den Wellen zurecht kommen würde. Ich mag eigentlich eine angepinnte Nose und viel Rocker lieber. Aber auch hier überraschte mich der Striker. Das Brett kam bestens mit den ruppigen Bedingungen parat. Eigentlich sogar deutlich besser als der Paddler.
Anfangs hatte ich beim Anpaddeln zu viel Gewicht auf dem hinteren Fuß, was ein wenig wie eine angezogene Handbremse wirkte. Aber schon bei der zweiten Welle hatte ich mich auf den Striker eingestellt und genoß den Ritt deutlich länger. Die Welle anzupaddeln war gar kein Problem mehr und auch das Reindrehen ging leicht. Durch das Squashtail bietet das Board viel Stabilität, bleibt trotzdem sehr agil ohne dabei nervös zu wirken. Mit jeder Welle fühlte sich der Striker vertrauter an und ich musste meine anfängliche Skepsis über Bord werfen.
Im Bann des Strikers
Hinter der vorgelagerten Sandbank verloren die Wellen deutlich an Druck und flachten ab, nur um sich kurz danach wieder aufzubauen.
Auf dem vollflächigen Deckpad ließ es sich aber einfach nach vorne laufen, um etwas mehr Speed zu generieren. Im Crossstep tänzelte ich wieder zurück und schob dabei das Brett nach vorne, zurück in die Welle. So langsam gingen die Pferde mit mir durch und ich wollte unbedingt sehen, was das Board noch alles zulässt. Nach einigen Abgängen und Waschmaschinen die ich hier nicht verheimlichen möchte, hatte ich die beste Welle des Tages. Gut ausgesucht, spielerisch angepaddelt und sofort das Brett rechts in die Welle gedreht. Überrascht, wie leicht das ging, turnte ich das Brett zurück und nach links, lief nach vorne und wieder zurück nach hinten. Die Welle schien endlos zu sein. Ich lief wieder nach vorne auf das vordere Drittel des Boards und drehte mich um 180 Grad, um den Rest des Ritts rückwärts zu genießen. Dann zog Poseidon den Stöpsel und ich schloss die Welle mit einer formvollendeten Arschbombe ab, bevor die Welle über mir zusammenschlug. Der Striker hatte mich in seinen Bann gezogen.
World WideWaves
Es war Zeit für einen Wechsel. Mirko hatte sich zwischenzeitlich am World Wide probiert und in seinem Gesichtsausdruck meinte ich eine Mischung aus Vorfreude auf den Striker und Skepsis wegen des aktuellen Bretts lesen zu können. Ich hatte mitbekommen, dass er deutlich mit dem Board zu kämpfen hatte, sah aber auch einige gute Ritte.
Wir tauschten die Boards und er gab mir noch den Tipp: „Stell dich auf dem Brett weiter nach vorne“, während die nächsten Wellen uns trennten. In der Zwischenzeit holte Julia, unsere dritte im Bunde, auf Mirkos Sunova Speed, gefühlt jede Welle die sie haben wollte.
Das World Wide ist, wie der Name vermuten lässt, dafür gedacht, in den meisten Bedingungen weltweit gut in den Wellen performen zu können. Nun, bei den Bedingungen, die sich uns an diesem Tag darboten, würde man sich andernorts vermutlich nicht die Mühe machen, SUP Surfen überhaupt in Erwägung zu ziehen.
Schwierige Bedingungen
Auf den Knien versuchte ich mich mit dem World Wide vertraut zu machen. Die Bedingungen haben in der Zwischenzeit deutlich angezogen, der sekundäre Swell von der Seite wurden stärker, die Wellen größer und unsortierter. Trotzdem vermittelte das World Wide sofort Sicherheit. Die angepinnte und deutlich hochgebogene Nose machte es einfach, über die Welle zu kommen. Auch als ich mich auf das Brett stellte, hatte ich ein gutes Gefühl. Einen Fuß positionierte ich vor dem Griff, den anderen leicht dahinter. Das machte es einfach, das Board auszubalancieren. Quer zur Welle war es deutlich nervöser als das Striker und auch die Wellen zu erhaschen fiel mir schwerer. Viele Wellen liefen anfangs unter mir durch, oder ich blieb oben auf der Lippe hängen.
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Das lag natürlich zum Einen an den härteren Bedingungen, aber ich denke der Fehler war auch beim Paddler zu suchen. Nachdem ich die Wellen spielerisch leicht auf dem Striker bekommen hatte, musste ich mir die Wellen anfangs auf dem World Wide regelrecht erarbeiten. Insgesamt reagierte das World Wide deutlich sensibler. Ein wenig zu weit hinten und das Board kippte sofort weg. In der Welle musste man auch deutlich weiter vorne stehen, wie Mirko es mir schon als Tipp mit auf den Weg gegeben hatte.
Man merkte deutlich, dass das World Wide jede Welle mitnehmen will, aber alles in allem brauchte das World Wide cleanere Wellen. Mit dem unsortierten Schwabbelwasser kam es nicht so gut klar. Dennoch bekam ich die ein oder andere Rutsche, lag aber auch deutlich öfter im Wasser. Das Board turnte sofort bei dem leichtesten Druck auf die Kante. Sobald allerdings die Welle abebbte und man etwas zu viel Gewicht auf dem hinteren Fuß hatte, war es als zog jemand den Stecker. Das mag das Board überhaupt nicht. Bei besseren Bedingungen hätte ich auf dem World Wide noch mehr Spaß gehabt. Etwas steilere und sortierte Wellen und das Board hätte vermutlich einen sicheren Platz in meiner Favoritenliste.
Erst die Pause, dann das Speed
Nun war es an der Zeit für eine Pause und ich schnappte mir auf dem World Wide ein Taxi, also eine Welle, die mich bis fast an den Strand brachte. Nach ein paar Fehlversuchen fand ich meine Mitfahrgelegenheit. Am Strand warteten bereits Mirko und Julia, sichtlich abgekämpft aber mit breitem Grinsen.
Als letztes Board sollte nun Mirkos viel gelobtes Sunova Speed dran glauben. Um es abzukürzen, das Speed hat in der Ausführung deutlich mehr Volumen als die beiden anderen Boards und lag dadurch natürlich wie eine Tür auf dem Wasser. Viel mehr kann ich von dem Board aber auch nicht berichten, da sich während unserer Pause die Bedingungen so sehr verschlechterten, dass es einfach keinen Spaß mehr machte. Das Rauspaddeln wurde selbst auf den Knien zur Tortur. Als würde Poseidon höchstpersönlich das Brett an der Centerfinne festhalten und sich über den Typen kaputt lachen, der an seinem Paddel zerrt, als würde das Leben davon abhängen. Ein paar Wellen waren noch drin, aber die See drosch zornig auf uns ein und wir überließen das Spielfeld den paar verbliebenen Kitern.
Ich habe neue Boardpräferenzen
Das Fazit des Tages: Welch ein Privileg, dass wir mal eben für zwei Stunden an die Nordsee können, um ein paar Boards zu testen. Ich muss meine Boardpräferenzen überdenken, nachdem ich mich in den Striker wirklich schockverliebt habe. Was für ein Board! Vorbei die Zeit, wo mir die Nose eines Boards gar nicht spitz genug sein konnte. So ein Noserider fehlt definitiv in meiner Sammlung und dann darf es auch gerne der Striker in exakt der Ausführung werden. So leicht und trotzdem stabil kenne ich sonst keine anderen Boards. Da sind die knapp 2000 Euro auf jeden Fall gut investiertes Geld in ein tolles Shape in herausragender Qualität. Als Carbon-Variante kostet es 300 Euro mehr und spart nochmal gute zwei Kilo Gewicht. Die meisten Boards von Jimmy Lewis liegen in dieser price range.
Das World Wide würde ich gerne nochmal durch schönere Wellen peitschen. Das charakterlose Geschwabbel von diesem Tag mag es nicht so sehr. Aber das trifft auf die allermeisten Boards zu. Ich hätte nichtmal zu hoffen gewagt, auf einem 140 Liter-Board bei den Bedingungen überhaupt stehen zu können. Und diese extrem leichte Carbon-Variante ist schon purer Boardporn.
Generell muss ich sagen, dass ich bei den schwierigen Bedingungen wenig Probleme hatte, mich auf neue Boards einzustellen. Das ist sicherlich auch den außergewöhnlichen Shaper-Fähigkeiten von Jimmy Lewis zu verdanken.
Das Sunova Speed darf ich hoffentlich bald nochmal ausprobieren, denn es war schon von allen das stabilste Brett. Nur leider war der Test nicht mehr aussagekräftig. Ich hoffe Mirko vertraut mir das Board bei weniger extremen Bedingungen nochmal an.
Du möchtest den Einstieg ins SUP Surfen wagen?
Ab sofort werde ich immer mehr auf die Bedingungen an der Nordsee achten und endlich wieder öfter SUP-Surfen gehen. Es starten auch wieder die SUP Surf Preparation-Kurse, die SUPsurf-Novizen und -innen auf die Welle vorbereiten sollen. Diese Kurse finden im Flachwasser statt.
Sobald die Bedingungen vielversprechend aussehen, biete ich auch SUP-Surf-Kurse in kleinen Gruppen auf Rømø an. Stay tunded for more…
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